Sonnenstrahlen, die sich im Wasser spiegeln, kreischende Möwen und der Duft von frischen Fischbrötchen – das ist das Bild, das viele Menschen mit Rügen verbinden. Wer mehrmals hier Urlaub gemacht hat, fragt sich vielleicht irgendwann: „Warum eigentlich nicht gleich hier leben?“ Doch wie sieht der Alltag wirklich aus, wenn man dort wohnt, wo andere Urlaub machen?
Traum und Wirklichkeit
Was als romantische Vorstellung beginnt – morgens barfuß zum Strand, arbeiten mit Meerblick, Entschleunigung pur – entpuppt sich im Alltag oft als Herausforderung. Denn Rügen ist nicht nur eine Postkartenidylle, sondern vor allem ein Ort mit seiner ganz eigenen Realität. Und die hat mit Urlaub oft wenig zu tun.
Arbeiten, wenn andere entspannen
Wer auf Rügen lebt, sieht sich schnell mit einem regional stark eingeschränkten Arbeitsmarkt konfrontiert. Die Tourismusbranche dominiert das Leben: Restaurants, Hotels und Ferienwohnungen bieten zahlreiche Jobs – aber meist nur saisonal. Drei bis vier Monate Hochbetrieb, lange Schichten, wenig Planbarkeit – danach folgen oft monatelange ruhige Zeiten. Viele Einheimische haben mehrere Jobs, um über die Runden zu kommen. Feste, gut bezahlte Stellen außerhalb des Tourismus sind selten. Wer nicht ortsunabhängig arbeiten kann, erlebt schnell, dass die „Insel-Romantik“ auch ihre Schattenseiten hat.
Nach der Saison: Stille und Einsamkeit
Was im Sommer als charmant und entschleunigt wahrgenommen wird, kann in den Wintermonaten bedrückend wirken. Geschäfte schließen, Cafés machen Pause, Busverbindungen werden ausgedünnt. Die Infrastruktur wirkt plötzlich wie auf Stand-by. Wer hier dauerhaft lebt, muss nicht nur mit Wind und Wetter klarkommen, sondern auch mit Isolation. Gerade Zugezogene berichten oft von einer sozialen Kälte, mit der sie nicht gerechnet haben. Die Mentalität der Einheimischen ist geprägt von Zurückhaltung – verständlich, wenn man bedenkt, wie oft Inselbewohner mit „Insel-Auswanderern“ konfrontiert wurden, die voller Euphorie kamen und nach zwei Jahren wieder gingen. Vertrauen will hier wachsen, nicht übers Wochenende entstehen.
Rügen ist nicht das Problem – sondern die Erwartung
Versteht uns nicht falsch: Rügen ist eine wunderschöne Insel mit Geschichte, Natur und echtem Charakter. Aber das Leben hier ist kein verlängerter Urlaub. Wer Rügen als Wohnort in Betracht zieht, sollte sich fragen: Suche ich ein Zuhause oder eine Flucht? Viele, die enttäuscht sind, haben sich in ihre Urlaubsillusion verliebt. Doch wer auf der Insel leben will, sollte die Augen offen halten: für die wirtschaftlichen Herausforderungen, die soziale Dynamik und das tatsächliche Alltagsleben.
Was denkt ihr?
Habt ihr selbst schon mit dem Gedanken gespielt, auf Rügen zu leben? Wohnen vielleicht einige bereits hier – oder habt ihr es gewagt und seid zurückgekehrt?
Ich freuen mich auf eure Erfahrungen, Gedanken und auch kritischen Stimmen in den Kommentaren. Lasst uns ehrlich darüber sprechen, was es bedeutet, dort zu leben, wo andere Urlaub machen.